Ansichtssache

 

Ansicht“ ist nicht nur ein optisches Kriterium, sondern umfasst auch „Gefühle, Empfindungen“. Grundsätzlich jeder Begriff, jede Feststellung, jede Meinung kann hinterfragt oder aus einem anderen Blickwinkel gesehen, gefühlt oder empfunden werden.

 

Jedes Sehen oder Gefühl ist zwangsläufig subjektiv, da es von einem Selbst ausgeht und sich auf dieses Selbst bezieht. Selbstbewusste Menschen sind von ihren Meinungen, Ansichten und Gefühlen so überzeugt, dass sie oft keine anderen gelten lassen. Dabei ist es so hilf- und lehrreich, einen anderen Blickwinkel zu riskieren und dabei Ungeahntes zu entdecken.

 

Nicht immer ist die Meinung der Mehrheit die Richtige! Was geschehen kann, wenn die durch Propaganda beeinflusste Masse Mensch einem oder mehreren „Führern“ nach dem Mund redet, hat die Geschichte hinlänglich bewiesen – ebenso, wie Recht die Minderheit der Warner und Unangepass- ten hatte, deren Ansichten unterdrückt wurden.

2 x 2 = 5 wird nicht dadurch richtig, dass eine Mehrheit das behauptet. Hinterfragen, sich in jemanden hineinversetzen, eine andere Sichtweise riskieren – das ist es!

 

Die Relativitätstheorie wurde in der Physik entwickelt – aber es gibt auch noch eine philosophische Seite. „Alles ist relativ“ in Bezug auf etwas Anderes.

 

Zeit ist zum Beispiel solch ein „relativer“ Begriff. Erinnert man sich an lang zurück liegende Bege- benheiten, erscheint es einem manchmal, als ob es erst gestern gewesen sei, weil sich das Ereignis so stark eingeprägt hat. Gleichzeitig weiß man aber vom Verstand her, dass Jahrzehnte zwischen dem Erinnerten und der Gegenwart liegen.

Beispielsweise die Empfindung, alles laufe viel schneller ab - man spürt eine Art inneres Zittern vor Hast. Man weiß genau, dass es sich um eine Einbildung handelt, kann es aber nicht willentlich beeinflussen. Irgendwann stellt man dann fest, dass diese „Eilperiode“ vorbei ist und man wieder in der „Normalzeit“ angelangt ist.

 

Schönheit z.B. liegt bekanntermaßen „im Auge des Betrachters“. Was den einen entzückt, erscheint dem Anderen nichtssagend.

 

Jeden Lehrer dünkt „sein“ Fach als das Wichtigste – wer hat nun Recht?

 

Das sind nur Beispiele von Konfliktpotential – und zwar sowohl eigener innerer Konflikte als auch solcher zwischen zwei oder – noch schlimmer – mehrerer Individuen.

 

Sich nicht auf den eigenen Blickwinkel zu versteifen, sondern sich grundsätzlich auch in die Sichtweise des „scheinbaren Gegners“ zu versetzen, erweitert den eigenen Horizont und bewirkt mehr Verständnis füreinander – besonders, wenn alle Beteiligten das tun. Wenn alle sich das zu Herzen nehmen, werden Konflikte lösbar, und die Gedanken wirken nicht mehr trennend, sondern verbindend, weil man sich um Verständnis für andere Ansichten bemüht hat.

 

Man könnte zum Beispiel einen Konflikt mit Karl Farkas und Ernst Waldbrunn humorvoll betrachten:

Ernst: „Also, der Kohn, der Schneider aus der

           Taborstraße, der ist ein Tausendsassa!

    Wo der überall zu tun hat – in Asien, in 

   Südamerika, in Afrika, am Balkan!

   Der kommt ja überhaupt nicht zur Ruh!“

Karl:   „Wie kommst du darauf?“

Ernst: „Na, ich les doch jeden Tag in der Zeitung: 

           Kohn flickt am Balkan, Kohn flickt in China!“

 

Das wäre doch auch ein Blickwinkel:

„Der Kohn flickt schon wieder!“

 

© Barbara6491

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